Samstag, 28. Februar 2009

ABC



Irgendwo in mir schlummert offensichtlich ein Husky-Gen: Sofern ich in den letzten 10 Tagen nicht gerade am Laufen war, habe ich Essen in mich hineingeschaufelt oder bin beinahe an Ort und Stelle schlafend umgefallen. Immerhin hat mich diese Strategie bis ins Machhapuchhre und letztendlich Annapurna Base Camp (kurz ABC) gefuehrt, was soviel bedeutet wie: Ich war dort. Inmitten dieser atemberaubenden Kulisse, die ich erst noch blind verflucht habe, beim Aufstieg morgens um 5.00, mit Stirnlampen durch Schnee, bei minus 10 Grad und Wind und in heftiger Erschoepfung, und deren Sonnenaufgang zwischen 7- und 8-Tausendern mich ehrfuerchtig erstaunen liess. Wir waren winzig und die Welt war gross - auf so wenig laesst es sich reduzieren.

Im uebrigen stelle ich fest, dass es offensichtlich nur zwei Wege gibt, um einen bestimmten Ort hier in den Bergen zu erreichen: Entweder man sieht ihn schon von weitem. Oder er taucht unvermittelt hinter dem gerade erklommenem Huegel oder der naechsten Kurve auf. Ersteres ist fuer ungeduldige Gemueter wie ich eines bin NICHT gut. Gar nicht gut. Das Ziel vor Augen zu haben, hinter den 7 Bergen ueber 7 Fluessen und ebensovielen Haengebruecken, laesst meinen Geist in entmutigtes Fluchen ausbrechen (was Santosh nicht darin gehindert hat trotz mehrfacher flehentlicher Unterlassungsbitten auch am letzten Tag noch immer freudig auf die Lodge in gefuehlten hundert Kilometer Entfernung zu deuten, mit dem HInweis "Look! This ist amarschderweltundwirwerdendortnieankommenaufnepali").

Was mich auch schon zur naechsten Erkenntnis fuehrt: Es gibt absolute Zeitangaben. Und relative. Waehrend absolute Versprechungen ("it's only 5 minutes) in Nepal oesterreichisches Toleranzniveau erreichen, bedeuten relative Angaben ("it's right behind that hill" oder "oh, it's not far") im Grunde nur: "Ich finde dich auch ganz niedlich und deshalb verrate ich dir nicht, dass das gesuchte Dorf zwar hinter diesem Huegel, aber auch hinter dem naechsten und uebernaechsten Bergruecken liegt - und gemessen an den 3 Tagesreisen bis zur naechsten Strasse ist es auch echt nicht weit. Ehrlich." Gestern sind wir 9 Stunden gewandert, weil wir unbedingt noch am selben Tag Pokhara erreichen wollten. Vor Sonnenaufgang stand ich noch auf Poon Hill (ein letzter Aufstieg auf 3.200 m vor dem Fruehstueck mit grandiosem Ausblick auf die Dhaulagiri-Range), um anschliessend gut 2.200 Hoehenmeter ins Tal abzusteigen. Wobei "anschliessend" bedeutet, dass wir stundenlang in bruetender Hitze (jaja, deshalb der bescheuerte Sonnenhut....) tausende von Stufen nach unten geklettert sind, waehrend die Reste meines Humors matschig zerkochte Diaolge zwischen meinen Knien und meinen Fusssohlen fuehrten. Ungefaehr bei Stunde 7,5 stand ich mitten in einem vielarmigen Flusslauf mit maessig Wasser, umringt von einem Meer aus Steinen, ueber die ich springend und watend voranzukommen versuchte, als Santosh (der Lehrer) wissend anmerkte: "you know, this is not the main-trail". Was meine Laune derart hob ("Echt? Waer mir jetzt nicht aufgefallen"), dass ich minutenlang in einem verzweifelt-verzuecktem Lachkrampf weitere Zeit verschleuderte, weil ich sonst in einem Rinnsal bloede gackernd ertrunken waere.

Und nun: Tee trinken. Am See sitzen. Die Seele, mich selbst, meine mueden Knochen baumeln lassen.

Dienstag, 17. Februar 2009

Schilderwald & Pokhara

Zu den ersten Dingen, die einem in Nepals Staedten und Doerfern ins Auge fallen, gehoeren die zigtausend Tafeln und Schilder, die illustrativ an und vor jedem Haus herumlungern. Vermutlich sitzt irgendwo ein einzelner schwerreicher Kerl, der sich eine goldene Nase damit verdient, jedem Kuchenbaecker, Gemueseverkaeufer und Schuhputzer die selben Reklametafeln anzudrehen, die sich nur minimal in Farbgestaltung und Typographie unterscheiden. Irritierender ist allerdings der Umstand, dass auch die Texte sich nur geringfuegig veraendern, gleichgueltig ob der dahinterliegende Laden Klopapier oder Rucksaecke verkauft. Beliebt ist vor allem die Aufschrift "Internet", die es offensichtlich als Gratisbeigabe auf jedem Schild gibt, mit dem Ergebnis, dass Anfragen folgendermassen ablaufen:

"Oh, Internet! No, we don't have"(Aber ich hab schon mal davon gehoert.)
"Oh, Internet! Yes, it's coming. Next year" (Aber die Tafel war grad im Angebot.)
"Oh, Internet! No it doesn't work (Ich habe naemlich keinen Computer, aber die Tafel war grad....)

Nach einer siebenstuendigen Busreise sind wir letztendlich in Pokhara gelandet, wo wir erstmal Charley besucht haben, einen Franzosen, der seit vielen Jahren hier einen grossartigen Kajakladen betreibt und der uns schon beim letzten Mal mit Ausruestung und Tipps behilflich war. Wie wir feststellen mussten, waren die Kajaks, die wir gestern in Kathmandu ergattert haben eine Leihgabe von Charley an die Company, mit der wir in 14 Tagen am Fluss unterwegs sein werden - was soviel bedeutet wie: Die Boote sind per Bus von hier aus nach Kathmandu gefahren, landen morgen wieder hier in Pokhara (weil wir den Trip verschoben haben), um dann nach unserer Trekkingtour wieder nach Kathmandu zu fahren, um von dort zur Einstiegsstelle des Flusses.... Aeh ja :) Morgen starten wir in den fruehen Morgenstunden unsere Tour zum Annapurna Base Camp (von Nayapul aus) und werden voraussichtlich in ca. 10 Tagen wieder retour sein, je nachdem ob wir noch einen Loop zu Poon Hill machen oder nicht. Danach gibt es moeglicherweise auch Geschichten von Santosh, unserem liebenswerten Porterguide, den wir heute erstmals getroffen haben und der kindermaedchenartige Zuege an den Tag legt (was vielleicht daran liegt, dass er eigentlich Lehrer ist).

Montag, 16. Februar 2009

Alles anders

Nachdem sich meine hartnaeckige Blasenentzuendung trotz Antibiotika, gutem Zureden und Tonnen von Fluessigkeit immer noch nicht dazu bequemen will endgueltig das Weite zu suchen (und von Weite gaebs hier ja wirklich mehr als genug...) wurden erstmal alle Plaene ueber den Haufen geworfen. Der Gedanke eine Woche lang mit nassem Klamotten in einem Boot zu verbringen ist grad maessig anregend, also duesen wir morgen erstmal mit dem Bus nach Pokhara und starten voraussichtlich am Mittwoch den ABC-Trek. Energie wird im ganzen Land immer knapper, weil die Fluesse kaum Wasser fuehren und Nepal hauptsaechlich von Wasserkraftwerken versorgt wird - die Einschaltzeiten fuer Strom werden staatlich reguliert und betragen selten mehr als 3-4 Stunden am Stueck mit Pausen von bis zu acht Stunden dazwischen. Ich sitze im ersten Stock eines Internetcafes, in der Bar nebenan spielt eine Rockband live und im Nebenraum stinkt das Dieselaggregat vor sich hin (was soviel bedeutet wie: Dieser Raum hier war die richtige Wahl fuer mein halbes Stuenchen online, weil es grad wieder verdammt dunkel rundherum ist).

Ich stand heute auf dem vielleicht romantischten Fleckchen Erde in Kathmandu, dem "Garden of Dreams" - einem verwunschen Paradies aus Lauben, alten Gemaeuern und einer Vielzahl von Pflanzen, Stufen und versteckten Winkel, das durch Mittel der oesterreichischen Entwicklungszusammenarbeit wieder renoviert wurde. Draussen tobte die Rush-Hour und ich sah an diese alte Mauer gelehnt 20 nepalesischen Erdhoernchen (oder was ich dafuer halte) beim Abfangen-Spielen im Komposthaufen des Hintergartens zu. Und nun geht es weiter in das Lokal zwei Haeuser weiter, in der die Band soeben "those were the best days of my life" groehlt. Die sollte man nuetzen.

Sonntag, 15. Februar 2009

Angekommen

Fuer heute nur eine kurze Nachricht - wir sind gut in Kathmandu gelandet, haben die erste Portion Dhal Baat hinter uns und schlafen auf einem gepolsterten Holzbrett (mit Gartenblick, immerhin). Die Strassen sind beinahe unheimlich leer, man sieht kaum Touristen und selbst die Hunde haben sich verkrochen. Verdaechtig. Morgen mehr, meine Lieben, gute Nacht!

Freitag, 13. Februar 2009

Es geht wieder los

Unsere Wohnung sieht aus wie beim Schlussverkauf von Globetrotter - die Zimmer sind thematisch nach Ausrüstung sortiert, und während sich im Schlafzimmer Jacken, Socken und neumodischer Funktionswäschekram ein fröhlich unsortiertes Stelldichein geben, stapelt sich im Vorraum Wildwasserausrüstung, im Wohnzimmer die Jahresration eines durchschnittlichen nepalesischen Krankenhauses an Medikamenten und Verbandsmaterial und im Badezimmer in Minigrößen umgefüllte Fläschchen und Tuben. Unsere Versuche, ein klitzekleines bisschen vor dem allerletzten Drücker die Horden von Equipment in zwei verdächtig kleine Rucksäcke zu stopfen sind allesamt kläglich gescheitert. Die Katzen riechen den Braten, und während die eine demonstrativ beleidigt auf der Nepal-Ausgabe von Lonely Planet sitzt, versucht die andere die Schubänder der frisch gewachsten Schuhe noch schnell in Kleinstbestandteile zu zerlegen.

Vorausgesetzt es gelingt uns in der nächtlichen Packaktion als Sieger im Ausrüstungsduell hervorzugehen, sieht der Plan folgendes vor: 1-2 Tage in Kathmandu, Kajaks jagen und anschließend eine 24-Stunden-Busfahrt (nein, mir ist nicht wohl dabei) in den Westen. Von dort aus paddeln wir die nächsten 5-6 Tage erst am Seti, dann am Karnali bis Chisapani - dort liegt der Nationalpark Bardia (ich hege die Hoffnung vorher nicht von einem Tiger oder Krokodil verspeist worden zu sein). Nach ein paar Tagen in Bardia geht es weiter in die Annapurna-Region, erstmal nach Pokhara - von dort starten wir unsere Trekkingtour zum Annapurna Basecamp.

Ich werde versuchen, nach unserer Ankunft in Kathmandu ein Internetcafe zu erobern (und mich ein weiteres Mal auf das Spiel "fällt der Strom bevor oder nachdem ich auf send drücke aus?" einstellen).